Berühmte Frauen im Straßenbild – Stadtradeln durch Regensburg 21. Juni 202128. Juni 2021 Trotz heißer Temperaturen haben wir uns am Freitag Abend auf die Spuren berühmter Regensburger Frauen begeben, denen man in den letzten Jahren Straßennamen gewidmet hat. Noch immer sind Frauen im Regensburger Stadtbild stark unterrepräsentiert. Nur 5,6% der Straßen tragen Namen Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, Aktivistinnen oder Künstlerinnen. Zum Vergleich, männliche Personen sind auf 30,6% der Schilder vertreten. Doch wer waren diese berühmten Regensburger Frauen, die es bis auf die Straßenschilder geschafft haben? Wie hat sich ihr Leben gestaltet, was haben sie erreicht und mit welchen Hürden hatten sie zu kämpfen? Wir haben uns mal schlau gemacht und sind ihren Lebenslinien gefolgt. Unsere knapp 15 km lange Tour begann im Stadtzentrum, führte dann Richtung Hafen, durch das Ostenviertel bis nach Schwabelweis und wieder zurück. Gestartet sind wir in der Drei-M-Straße in Mitten der Altstadt, einer Straße, für deren Umbenennung sich die AG Straßenumbenennung seit Sommer 2020 einsetzt. Hierfür sehen wir gute Gründe. Zum einen handelt es sich bei der betreffenden Bezeichnung, die aktuell als „Möhren“ zu lesen ist, um einen Ausdruck aus der Kolonialzeit, der fest an rassistisches Gedankengut geknüpft ist. Zudem gibt es genügend Persönlichkeiten, die bislang nicht ausreichend gewürdigt wurden und mittels einer Straßenumbenennung gebührend gefeiert werden könnten. Das Thema Diversität wird bisher in den Straßennamen kaum zur Geltung gebracht. Wir würden uns deshalb freuen, wenn an dieser Stelle beispielsweise an die beeindruckende Regensburgerin May Ayim erinnert wird. Mit ihr hat unsere kleine Radltour auch angefangen. Drei-M-Straße in Regensburg – derzeit als Drei-Möhren-Straße zu lesen May Ayim May Ayim wurde am 3. Mai 1960 in Hamburg geboren und starb am 9. August 1996. Sie ist die Tochter des ghanaischen Medizinstudenten Emmanuel Ayim und der Deutschen Ursula Andler. Die ersten 1,5 Jahre ihres Lebens verbrachte May Ayim im Kinderheim, da ihr Vater sie nicht nach Ghana mitnehmen durfte. Sie wurde anschließend von der Familie Opitz in Münster adoptiert. Ihr Vater besuchte sie mehrmals bei ihrer Pflegefamilie. May Ayim wurde aufgrund ihrer Hautfarbe oft mit Gewalt und Angst konfrontiert. Sie schloss an der Universität in Regensburg (1986) ihr Diplom in Psychologie und Pädagogik ab. Ihre Diplomarbeit veröffentlichte die Afro-Deutsche Mayim im Band „Farbe bekennen“. Der Regensburger Professor lehnte die Veröffentlichung des Werkes ab, da er meinte es gebe keinen Rassismus in Deutschland. Dies umging May Ayim, indem sie eine Prüferin in Berlin fand, die sich bereit erklärte, ihr Werk zu veröffentlichen. 1984 zog May Ayim nach West-Berlin. 1986 gründete sie die „Initiative Schwarze Deutsche und Schwarze in Deutschland“ mit, bevor sie 1990 ihre Ausbildung zur Logopädin abschloss. Sie arbeitete bis 1995 als Lehrbeauftragte an der Alice-Salomon-Fachhochschule, der Freien Universität Berlin und an der Technischen Universität Berlin. Sie verfasste zahlreiche Werke in denen sie sich u.a. mit Diskriminierung befasste. Johanna Dachs Zweiter Stopp: Zufahrt zur Johanna-Dachs-Straße Johanna Dachs wurde am 4. Dezember 1900 in Weiden geboren und ist am 28. Januar 1974 in Tegernheim gestorben. Ihrem Vater, einem königlichen Baumamtmannes, lag viel an der Bildung seiner Tochter. So studierte Johanna nach dem Abitur ein Semester Maschinenbau an der TU in München, bevor sie das Studium abbrach, um ihren ehemaliger Lehrer Hans Sachs zu heiraten. Sie setze sich für die Gründung der Universität in Regensburg ein, indem sie gezielte Öffentlichkeitsarbeit betrieb und sich mit zuständigen Behörden auseinandersetzte. 1964 beschloss der Landtag aufgrund ihres Einsatzes die vierte Universität in Bayern zu gründen. Johanna Dachs brachte sich als Stadträtin trotz Gegenwind und starker Beschimpfungen durch Mitglieder ihrer Partei ein. Als sie sich entgegen des Votums der CSU-Fraktion gegen ein Tanzverbot in der Fastenzeit aussprach, wurde sie von ihren Kollegen als „Hure“ bzw. „Furie“ bezeichnet. Trotzdem äußerte sie ihre Meinung weiterhin laut, beispielsweise lehnte sie auch das Verbot von Filmen wie „Die Sünderin“ ab. Edith Stein (Ordensname: Teresia Benedicta vom Kreuz) Edith Stein wurde am 12.Oktober 1891 als jüngstes von elf Kindern in eine jüdisch-orthodoxe Familie in Breslau geboren. Die begabte Schülerin studierte nach ihrem Abitur die Fächer Psychologie, Germanistik, Philosophie und Geschichte auf Lehramt. Nach ihrem Staatsexamen promovierte sie und arbeitete bis 1918 als Assistenten ihres Doktorvaters. Ihre Versuche, zur Habilitation zugelassen zu werden, scheiterten allerdings alle, was vorrangig auf ihr Frausein zurückgeführt wird. Dritter Stopp: Ostenviertel, Edith-Stein-Straße Im Jahr 1922 entschied sich Edith Stein zur Konversion in die katholische Kirche. Bis 1932 unterrichtete sie in Speyer an einer Schule der Dominikanerinnen. Danach wechselte sie zum Deutschen Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster, wo sie unter anderem Vorträge zur Frauenfrage und zu Problemen der neuen Mädchenbildung hielt. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 musste sie ihren Beruf aufgeben und trat in die Karmel Maria vom Frieden in Köln ein, wo sie fortan als Teresia Benedicta vom Kreuz lebte. Nach Bekanntwerden ihrer jüdischen Herkunft siedelte sie 1938 ins Niederländische Echt über, wurde aber auch hier vom Naziregime eingeholt. 1942 wurde sie nach Auschwitz deportiert und soweit bekannt, direkt nach ihrer Ankunft am 09. August in der Gaskammer getötet. Edith Stein 1987 von Papst Johannes Paul II seliggesprochen und 1988 heiliggesprochen. Seit 1999 ist Edith Stein eine der Patroninnen Europas. Edith Stein war eine außergewöhnliche Frau, eine christliche Philosophin und eine Frauenrechtlerin des frühen 20sten Jahrhunderts, die, wie so viele, ein Opfer des Nationalsozialismus wurde. Barbara Popp Vierter Stopp: Barbara-Popp-Straße im Neubaugebiet Schwabelweis Barbara Elisabeth „Babette“ Popp wurde am 4. August 1802 in Hirschau geboren und war eine deutsche Malerin und Lithografin. Als eine der ersten Frauen studierte sie von 1820 bis 1826 an der Akademie der Bildenden Künste in München. Daraufhin zog sie zurück nach Regensburg, wo sie ihr Einkommen mit Heiligendarstellungen und Porträts von Persönlichkeiten aus dem „Regensburger Romantikerkreis“ um Johann Michael Sailer verdiente. Sie lernte dann ein Jahr bei Friedrich Overbeck, ein Protagonist der nazarenischen Kunst. Nach ihrer Rückkehr nach Regensburg war sie eine gefragte Künstlerin, die zahlreiche geistliche und bürgerliche Persönlichkeiten porträtierte. Zudem malte sie Szenen aus dem Leben Christi, Madonnen, Heiligendarstellungen und Altarbilder. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere erhielt sie Aufträge für mehrere Altarbilder für den Regensburger Dom, die allerdings mittlerweile bei späteren Umgestaltungen verloren gegangen sind. Nach dem Tod ihrer Eltern lebte sie mit ihren Schwestern zusammen und bestritt den Lebensunterhalt wohl weitgehend allein. Gabriele Münter Gabriele Münter wurde am 19.Februar 1877 als jüngstes von vier Kindern eines Zahnarztes in Berlin geboren. Früh zeigte sich ihr Talent für die Kunst und so besuchte sie unter anderem die Damenkunstschule von Willy Spatz in Düsseldorf. Nach dem Tod ihrer Eltern gab sie ihre Ausbildung jedoch auf und reiste ab 1899 zwei Jahre mit ihrer Schwester durch die USA. 1901 zog Gabriele Münter nach München. Da eine Aufnahme in die staatlichen Kunstakademien Frauen in dieser Zeit verwehrt blieb, besuchte sie zuerst eine reine Damenkunstschule und später ein Schulatelier. Anschließend widmete sie sich der Bildhauerei und lernte von Kandinsky, mit dem sie zeitweise ein Liebesverhältnis hatte. Das Paar lebte eine Zeit lang gemeinsam in Paris, später in Südtirol, bevor es sich schließlich in Murnau am Staffelsee niederließ. Durch den Einfluss anderer Künstlerkollegen wurde Münter schlussendlich zu einer der bedeutendsten, deutschen, expressionistischen Malerinnen. Nach den Wirren des ersten Weltkriegs war Münter teils von Depressionen geplagt. In den späteren 1920er Jahren lernte sie ihren neuen Lebensgefährten Johannes Eichner kennen, der als Kunsthistoriker arbeitete und Ausstellungen ihrer Gemälde organisierte. Während des zweiten Weltkrieges musste sie sich ins Privatleben zurückziehen, da die Nationalsozialisten ihre Kunst als entartet ansahen. Nach dieser Zeit wurde sie künstlerisch wieder aktiver und ihre Werke wurden in zahlreichen deutschen Museen ausgestellt. Zu ihrem 80. Geburtstag schenkte sie der städtischen Galerien in München zahlreiche eigene Werke und auch 80 Bilder Kandinskys. Sie verstarb am 19. Mai 1962 in Murnau am Staffelsee und ist eine der bedeutendsten deutschen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Fünfter Stopp: Gabriele-Münter-Straße im Neubaugebiet Schwabelweis